Im Laufe der Jahre verschobene Lage einer Bestattung

Schwierige Befundsituation: Überlagerung zweier Bestattungen und zweiter nicht zuordenbarer Schädel, ausserdem ein völlig befeundfremdes Pferdeunterkiefer.

Bereits in Auflösung begriffene Bestattung eines Kleinkindes, beigesetzt direkt an einem älteren Individuum, welches aber an der Grabungsgrenze liegt.
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Ausgrabung eines neuzeitlichen Friedhofs - Ein kleiner Grabungsbericht


Erding. Im Sommer 2008 wurde in Erding auf einem archäologisch interessanten Areal eine Ausgrabung nötig, da der Grundeigentümer den Neubau eines Wohnhauses plante. Auf dem Gelände befand sich eine geschichtlich belegte Kirche, die schon lange Jahre abgebrochen ist und natürlich auch der zugehörige Friedhof, der etwa in die Zeit des 15ten bis ins 17te Jahrhundert datiert werden kann. Weiterhin ist in unmittelbarer Nähe eine ehemalige Furt über einen kleineren Bach, was auf weitere Bodendenkmäler schliessen ließ. Bereits nach dem Oberbodenabtrag war schnell klar, dass diese Untersuchung auf keinen Fall nur über ehrenamtliche Helfer und die Grundeigentümer zu bewerkstelligen war. Daher wurde eine Grabungsfirma mit hinzugezogen. Bereits in der ersten Schicht nur knapp unter der Ackeroberfläche tauchte eine enorme Zahl an, bereits stark in Mitleidenschaft gezogenen, Gräbern auf. Auch die Schichten darunter wiesen eine massive Bestattungstätigkeit auf. Teilweise lagen mehrere Individuen ineinander, häufig auch übereinander. In viele Fällen waren Familiengräber erkennbar. Häufig deutete auch Alles auf relativ zeitnahe Bestattungen noch relativ junger Individuen hin.Interessante Befunde waren beispielsweise Kinder, die in Höhe des Unterschenkels der mutmasslichen Mutter beigesetzt wurden. Die gleichzeitige Beisetzung lässt in diesen Fällen auf eventuellen Tod durch Krieg (30-jähriger Krieg) oder Seuchen schließen. Indizien für Krankheiten könnten auch einige Gräber sein, in welchen die Toten scheinbar lieblos bestattet, bzw. lieblos abgelegt zu finden waren. Der Erhaltungszustand der Skelette reichte von sehr gut bis schlecht, wobei vornehmlich die Bestattungen von Kleinkindern einen sehr schlechten Erhaltungszustand aufwiesen. Die Auswertung einiger der Bestattungen dürfte zusätzlich dadurch erschwert werden, dass einige Skelette so ineinander lagen, dass einzelne Knochen nicht mehr klar einem Individuum zuzuordnen waren. In einigen Grablegen befanden sich unter Umständen drei Schädel, wobei anderswo große Skelettpartien völlig fehlten, bzw. durch den Aushub jüngerer Grabgruben abgeschnitten wurden. Beigaben fehlten, wie in dieser zeit üblich, völlig. Die Einmessung der Funde war, wegen reger Gewittertätigkeit, Zeitdruck und einem engen Kostenrahmen auf Fotogrammetrie beschränkt, was aber für einen so relativ jungen Friedhof vollkommen ausreichend ist. Alle wichtigen Daten werden so vollkomen ausreichend dokumentiert. Die Fragestellung wird ohnehin oft aufgeworfen, weshalb ein so junger Friedhof überhaupt archäologisch untersucht werden muss und nicht auf einfachere Art eine Umbettung der Skelette erfolgen sollte. Eine gute Erklärung hierfür ist beispielsweise die Tatasache, das speziell über die Menschen dieser Epoche nur sehr wenig über Gesundheitszustand, Ernährung und Krankheiten, ja selbst über die durchschnittliche Altersstruktur und die Körpergröße bekannt ist. Hierüber können derartige Untersuchungen Aufschluss geben. Als Resüme kann ich nur sagen, dass dies eine sehr interessante Grabung war, auf der man viel über die Anatomie, aber auch über die Ausgrabungstechnik bei Bestattungen lernen konnte. Die ein oder Andere Grabsituation hat auch zum Nachdenken angeregt und man konnt nicht umhin, sich in so Manches Einzeschicksal hineinzuversetzen.


 
Bildquellen dieser Seite: Scheidl Lorenz, Archäologischer Verein
Webmaster Scheidl Lorenz Email-- Letzes Update Januar 08